Entzündung – Fluch oder Segen?
Die klassischen Zeichen einer Entzündung sind Rötung, Schmerz, Wärme, Schwellung und Funktionsverlust, initiiert durch eine Verletzung und/oder das Eindringen körperfremder Mikroorganismen. Daher läuft eine akute Entzündung nie unbemerkt im Körper ab. Durch ihre Symptome verschafft sich eine Entzündung immer Aufmerksamkeit und trägt damit automatisch zur Schonung des betroffenen Körperteiles und Einleitung einer Behandlung bei. Wäre das nicht der Fall, würden wir Verletzungen nicht wahrnehmen und z.B. mit einem eingetretenen Nagel einfach weiterlaufen, darüber hinaus könnten sich mikrobiell verursachte Infektionen ungehindert im Körper ausbreiten.
Entwicklungsgeschichtlich ist eine Entzündung ein notwendiger und wichtiger biologischer Prozess als Reaktion des Körpers im Kampf gegen Infektionen sowie zur Reparatur beschädigten Gewebes und damit Teil des natürlichen Heilungsprozesses. Durch eine Entzündung wird die Reparatur des verletzten Gewebes bzw. des durch Mikroorganismen geschädigten Gewebes eingeleitet. Ohne Entzündung gibt es auch keine Heilung!
Immunzellen wandern an den Ort des Geschehens, bekämpfen dort Mikroorganismen, verhindern die Ausbreitung der Entzündung und sorgen für eine regelrechte Wundheilung.
Gewebsmediatoren (Vermittler) wie Histamin, Tumor-Nekrose-Faktor-alpha (TNFa), Stickstoffmonoxid (NO), Wasserstoffperoxid (H2O2), Interleukine und Prostaglandine (zu den Gewebshormonen gehörend) locken Immunzellen an, die die Entzündung dann schnell und effizient am Ort des Geschehens bekämpfen. Diese spezialisierten Zellen des Immunsystems wehren Eindringlinge ab und vernichten sie. Die abgestorbenen Überbleibsel der Abwehrschlacht werden eliminiert und machen den Weg für die Erneuerung des Gewebes frei. Eine Entzündung ist die Voraussetzung für eine ordnungsgemäße Wundheilung.
Der Mechanismus einer Entzündung ist eine uralte Überlebensstrategie des Menschen. Eine Aktivierung des Immunsystems kann aber nicht nur durch Mikroorganismen oder Verletzungen, sondern auch durch Umweltallergene,- und Schadstoffe stattfinden, Nahrungsmittel können ebenfalls Auslöser chronisch entzündlicher Prozesse sein.
Eine “stille” Entzündung (Silent Inflammation) verläuft tückischerweise ohne die typischen Symptome einer akuten Entzündung und entgeht durch die Beschwerdefreiheit unserer Aufmerksamkeit, sie ist aber ebenfalls immer mit einer Immunaktivierung verbunden. Dies führt dazu, dass vielfältige Prozesse im Körper ablaufen, die bei einer akuten Entzündung zur erfolgreichen Verarbeitung beitragen, bei einer stillen und damit unbemerkten Entzündung aber dazu beitragen, daß Entzündungen dauerhaft unbemerkt ablaufen können.
Eine stille Entzündung ist eine gut gemeinte Rettungsaktion unseres Körpers: er beantwortet Reize mit ganz alten Verarbeitungsmustern unseres Immunsystems, was aber nicht zur Heilung, sondern zur Chronifizierung beiträgt. Zellen des angeborenen Immunsystems werden aktiviert und produzieren als Antwort proinflammatorische (entzündungsfördernde) Zytokine (Botenstoffe des Immunsystems). Dies ist typisch für viele der heutigen Zivilisationskrankheiten. Dazu gehören vor allem all jene Erkrankungen, die in unserer Gesellschaft stetig zunehmen und auch zu den „Wohlstandskrankheiten“ gezählt werden.
Dazu gehören u.a.
- Insulinresistenz
- Übergewicht
- chronische Stressbeschwerden
- Arteriosklerose, Bluthochdruck, Herz- und Gefäßkrankheiten
- chronische Ermüdungserscheinungen
- unerklärliche Schmerzen ohne internistische, rheumatologische oder orthopädische Diagnose
- Leaky-Gut-Syndrom (durchlässiger Darm)
- Parodontose und Parodontitis
Da wir genetisch ein uraltes Modell sind und unser Immunsystem alle Informationen bewertet und verarbeitet, die von außen in unseren Körper gelangen, kommen wir in vielerlei Hinsicht mit unserer vom Menschen selbst „modernisierten“ Umwelt nicht mehr gut zurecht. Ein gesunder Lebensstil und eine gezielte Therapie zur Rebalancierung des Immunsystems bietet hier den Ansatzpunkt für eine Therapie.
In der Schulmedizin ist die Diagnostik und Therapie der stillen Entzündung (Silent Inflammation) nicht anerkannt, weil wissenschaftliche Studien noch nicht hinreichend vorliegen.